Bei Twitter werden Montage mit einem #mimimi versehen, wenn es nicht so schön ist. Eigentlich ist das doch ein wundervolles Ritual, der Montag ist ja eigentlich nach dem Wochenende immer ein bescheidener Tag. Naja, fast immer. Das #mimimi reicht heute aber nicht aus. Heute ist einer dieser Tage, an denen mich alles ankotzt – entschuldigt die Wortwahl, die ich hier heute benutze, aber genauso denke ich. Es kotzt mich nicht nur an, es geht mir dermaßen auf den Sack! Mir geht die Depression auf den Sack, das ständige Pillen nehmen, die schwankende Laune und das anpassen in der Gesellschaft. Ich kann ja noch so oft betonen, dass ich einfach ich bin, doch je authentischer ich werde, desto mehr fühlen sich andere dazu berufen mir ihre Meinung auf die Nase binden zu müssen. Und wenn ich mich entscheide, dass ich jetzt schlecht gelaunt bin oder es kein guter Tag ist, dann ist das verflucht nochmal auch so! Weil ICH diese Entscheidung für MICH getroffen habe.
Und wollt ihr noch was wissen? Es ist einer dieser Tage, an denen ich mich selbst ankotze. Nein, ich hatte heute morgen keine Lust mit dem Rad zu fahren. So schön wie das sein mag und so gern wie ich das mache, aber wenn ich zum Praktikum fahre (alternativ zur Arbeit), dann bin ich anständig angezogen und möchte nach der morgendlichen Dusche auch wohlriechend und frisch dort ankommen. Aber da ich wie immer wie blöde schwitze, nervt mich diese Wärme jetzt schon wieder. Sommer ist toll – nur nicht in solchen Momenten. Diese Schwitzerei ist ne Belastung. In jeder Situation. Wenn es doch nur unter den Armen und am Rücken wäre, dann könnte ich Abhilfe schaffen und mich anders darauf einstellen. Aber nein, es muss ja am ganzen Körper sein und besonders am Kopf. Klasse Sache. Das macht richtig Spaß im Alltag. Dazu dann ständig noch mit nem Waschlappen oder kleinen Handtuch unterwegs sein. Sehr schön. Nein, es kommt nicht vom Bluthochdruck und auch nicht vom Übergewicht. Ich habe mit 89 kg genauso geölt wie jetzt. Und ich lasse mir sicher auch kein Botox oder ähnliches Zeug spritzen. Ich hab den Scheiß am Hals und muss damit leben. Alles nicht so schlimm? Dann ertragt ihr das doch mal.
Übergewicht ist schon das nächste Thema. Hach, wie schön ist es doch Komplimente zu bekommen. „Siehst doch gar nicht so schlimm aus.“ „Mach dir keine Gedanken, das ist nicht schlimm.“ „Stell dich nicht so an.“ „Ich weiß nicht, was du hast. Du bist doch sympathisch so.“ Ach, drauf geschissen! Schenkt euch die Floskeln! Nein, ich kann Menschen mit Übergewicht nicht verstehen, die mir sagen: „Ich fühle mich wohl so, wie ich bin.“ Macht mal Sport, bewegt euch mal richtig, geht schöne Sachen kaufen. Das funktioniert nicht. Und ich habe mich sicher noch nicht damit abgefunden, dass mir nicht alles passt. Ja, es kotzt mich richtig an! Aber so richtig! Ich kann dieses XXL nicht mehr sehen. Und ich kann es auch nicht mehr ertragen, dass ich nur in bestimmten Läden was zum Anziehen finde. Es nervt. Sicher könnte ich eine der tollen, wissenschaftlich bewiesenen Diäten machen. Wenn sie denn funktioniert. Ich habe während des Klinik-Aufenthaltes 16 Wochen meine Ernährung und Gewohnheiten umgestellt. Ich habe vernünftig gefrühstückt, Mittag gegessen und Abendbrot. Nicht in Massen, immer vernünftig. Ich hatte Bewegung, teilweise sogar den Zucker aus dem Kaffee weggelassen und was ist das Ergebnis? Ich hänge nach wie vor auf den Kilos fest. Und nein, es sieht nicht toll aus, wenn ich oben ohne unterwegs bin – geschweige denn, dass es mal jemand zu sehen bekommt. Ich will es ja nicht mal selbst sehen. Nein, ich kann und will mir das auch nicht schön reden. Breite Schultern, Brust oder sonstwas. ES KOTZT MICH AN! Am liebsten würde ich das Essen verweigern, bis es wieder in einer normalen Richtung ist. Diese verkackten Fettschürzen vom letzten schnellen Abnehmen kann ich zwar super retuschieren, aber sie sind da und gehen nicht einfach so weg. Es nervt. Gewaltig.
Und dann das Gerenne nach irgendwelchen Sachen. Krankenkasse, Anwalt, haste nicht gesehen. Kümmer dich hier, kümmer dich da, mach dies, mach das, ruf da an, schreib da hin. Krankengeld noch nicht da, minimalistisch leben, nach jedem Cent fragen und das erklären müssen. Ja, verdammt nochmal, das geht mir so gewaltig auf den Senkel, dass ich aus der Haut fahren könnte! Ich könnte schreien! Nein, nicht nur das, da geht sicher noch mehr. Warum das so wichtig ist? Geld ist doch eigentlich nicht alles. Nee, ist es auch nicht. Aber so wie es gerade ist, macht es mich fertig.
Und mich nerven Kleinanzeigen. Kleinanzeigen, die man anfragt und keine Antwort bekommt. Der Ersteller löscht sie nicht, antwortet nicht und lässt vergebene Sachen einfach drin. Ist denn keiner mehr in der Lage dazu? Wenigstens eine kurze Antwort mit: „Sorry, ist leider schon weg.“ Und Deutsch scheint schon lange nicht mehr jedermanns Sache zu sein. Keine Interpunktion, die Autokorrektur des Smartphones schlägt sowieso nur falsche Wörter vor usw. … ich könnte das ja auch machen und einfach klein ohne punkt und komma meine sätze schreiben dann mache ich wenigstens keine fehler soll mir doch egal sein ob ihr damit zurecht kommt oder nicht verstehen muss es ja keiner. Gut, so hat das keinen Sinn. Dann komm ich mit meinen eigenen Texten nicht mehr zurecht. Aber es nervt.
Ich halte für heute fest: Ich bin genervt. Bis über beide Ohren und noch viel mehr. Das Wetter mag gut sein, aber mein Kopf ist es nicht. Mich nerven noch mehr Dinge, nur will ich die nicht auch noch breittreten. Mein Rededrang hält sich heute extrem in Grenzen und ich will nicht wieder den ganzen Tag irgendwas erklären und ne Show spielen. Nach wie vor möchte ich vernünftig zu meiner Laune stehen und nicht über meine Belastung gehen. Inwieweit das funktioniert, wird mir der Tag zeigen. Was für sicher kleine Probleme oder keine sind, sind für mich manchmal einfach verdammt große Hürden.