„Oh du fröhl … “ Lassen wir das! Weihnachten steht vor der Tür. Wie jedes Jahr. Irgendwie bin ich dieses Jahr nur noch nicht richtig in Stimmung. Die letzten Tage dazu noch recht angespannte Stimmung in meiner Murmel und passende Kopfschmerzen. Ach herrlich, wenn ich da in meine Gedankenwelt versinke und der Kopf mit Schmerzen klar sagt: „Bis hierhin und nicht weiter. Entspann dich jetzt.“ Mache ich. Ich habe die Geschenke zusammen, werde sie wunderhübsch einpacken und freu mich auf Heilig Abend. Es darf gerne so schön werden wie letztes Jahr. Aber im Kopf ist ja noch mehr.
Jetzt, wo ich anfange die Kindertage anders zu sehen und das Verhalten meiner Eltern zu akzeptieren, die ersten sinnvollen Telefonate hatte, da fällt mir auf, dass meine Mutter mich doch weiter unter Kontrolle haben möchte. Sicher ist ihr Wunsch legitim, mich an Heilig Abend sehen zu wollen, aber genauso muss sie jetzt akzeptieren, dass ich alt genug bin meine eigenen Wege zu gehen. Ja, mir fällt es nicht leicht, ihr abzusagen. Wer will seine Eltern schon enttäuschen, wenn man emotional noch immer in dieser Bindung hängt? Es mag auch für sie nicht einfach sein die Feiertage allein zu verbringen, aber der geliebte Sohn ist nun mal nicht gewillt, sich der Situation auszusetzen. Warum auch? Ich will das einfach nicht mehr so erleben und sehen. Sicher kann ich einiges gut akzeptieren, aber wieder da im Wohnzimmer sitzen, mit nem Baum der immer gleich aussieht, gespielter Freundlichkeit, inhaltslosen Gesprächen und Smalltalk? Immer der wiederkehrende Gedanke, wie oft Weihnachten mit Alkoholismus versaut wurde? Freundlich „Danke“ sagen für ne Schachtel Zigarretten und Haargel? Danke, nein. Das Weihnachtsfest hab ich lange Zeit abgrundtief gehasst. Genau deswegen.
Könnt ihr euch vorstellen wie es ist, wenn man 100 km zu seinen Eltern fährt, bei Glatteis 30 km/h auf der Autobahn (eigentlich schon das eigene Leben riskiert), seine Großeltern noch einsammelt und dann die betrunkene Mutter vorfindet? Es ist zum Kotzen! Es ist zum Ausrasten! Wenn ich damals einen Wunsch hatte, dann das nicht mehr zu sehen. Wieder Schnitzel in Zwiebel-Sahne-Soße. Jedes Jahr. Meine Wünsche wurden da ja in keinster Weise respektiert. Warum auch? „Kartoffelsalat und Würstchen macht man da nicht!“ Bäääh, dann eben nicht. Und selbst als sie es versprochen hat zu machen, war es nur ein Lockmittel, damit ich auch ja da bin. Genauso lustig ist es, wenn genau diese Mutter in ihrem besoffenen Kopf die Auflaufform mit dem Essen im Flur fallen lässt. Ja, herrgott, ich denke da noch öfter dran, weil es für mich ne Warnung ist. Ich habe keinen Groll mehr beim Gedanken, aber es schreckt mich ab. Ich möchte es nicht mehr erleben. Sie werden ihre Gründe gehabt haben, dass sie getrunken haben, sich so verhalten haben. Dennoch weiß ich: Ich möchte das momentan nicht. Erinnern ist das eine, aber in der Umgebung den Tag verbringen, das andere.
Ich weiß auch, dass ich mich an solchen Tagen wieder in die Gefühlswelt von damals treiben lasse, die Wut hochkommt und ich die Konfrontation will. Dafür ist aber noch nicht die Zeit gekommen. Sie kommt, das ist klar, auch wenn es einen völligen Bruch zur Folge hat, aber ich werde sie mit all dem Fühlen und Denken konfrontieren. Irgendwann. Und ich werde mir klar darüber sein, dass ich damit nichts fordern werde. Genauso wie ich das Recht habe erwachsen zu sein, so kann ich auch verantwortlich handeln und ihnen das sagen.
All die Zeit mit dem Alkoholkonsum hat mich in eine Verantwortung gedrängt, die ich nicht haben wollte. In eine Welt voller Lügen und Vertuschen. Ich habe mich davon losgesagt und werde andere Wege gehen. Ein Satz meiner Eltern hat sich ins Gedächtnis gebrannt, wie die Brandmale an Pferden: „Du bist doch Schuld, dass Mutter so viel trinkt. Mach dir darüber mal Gedanken.“ Das habe ich, das habe ich. Heute mehr denn je.
Ich werde schöne Weihnachtstage haben! Ich habe mit M. gebastelt, am Wochenende stellen wir (endlich!!) den Weihnachtsbaum auf, ich habe die Geschenke schon, ich freue mich auf Heilig Abend und werde die Tage genießen.
Wie geht es euch mit den Feiertagen? Wie steht ihr zur Familie? Gibt es besondere Erinnerungen?
3 Kommentare
Diese Geschichte zu lesen, errinert mich teilweise an meine eigene kindheit, mit dem Unterschied das ich meine Mutter an Heilig Abend nie gesehn habe. Sie war auch Morgens schon betrunken. Ich weiss nicht Wieso aber ich liebe die Weihnachtszeit! Alles ist Bunt geschmückt, viele Lichterketten, das einzige was mir noch fehlt ist der Schnee. Ich habe mir damals gesagt wenn ich gross bin wird alles anders! Teilweise hab ich es geschafft! Teilweise habe ich komische Gedanken die mir Angst machen. Aber ich versuche mein Bestes.. Ich feue mich auf die Tage die nun kommen auch wenn wir meine Kleine eigene Familie alleine sein werden, und nicht die verwandten besuchen wo ich mich so sehr nach sehne… alle liebe dir und schöne tage
harte worte, erliche worte, deine worte… worte die nachdenklich machen und doch eine chance sind, eine chance auf weihnachten wie du sie möchtest, auf deine weihnachten! ich freu mich auf die feiertage und die besinnliche zeit mit meiner familie, auch wenn es sehr stressig wird – wie jedes jahr :-) am meisten freue ich mich, dass ich einem menschen eine kleine freude bereiten kann, der mir mit seinen worten und gedanken sehr geholfen hat!
viele liebe grüße *marius
Bei mir ist es eigentlich zweigeteilt. – Auch ich verwehre mich in bestimmten Dingen. Meine Eltern dürfen erst am 2. Feiertag dazu kommen, damit meine Familie auch einen Teil der Feiertage so feiern kann, wie sie es kennen und wie ich es mir wünsche/ immer gewünscht habe. Jedes Jahr wieder graust es mir trotzdem vor diesen Tagen. Aber unsere Kinder dürfen Weihnachten anders erleben, als ich früher. Allein dafür lohnt es sich, das Trallala mitzumachen. Mein Mann führt an diesen Tagen Regie, ich habe nur mit den Einkäufen und dem Verpacken zu tun. Die Küche ist dann komplett sein Revier und ich genieße das auch.
Meist war es hinterher dann doch ganz schön. Vermutlich, weil die Befürchtungen, das Monster des Erlebten vorher doch immer recht groß sind. Irgendwann finde ich vielleicht doch mal den Abstand, den ich bräuchte um das nicht mehr emotional zu sehen. Bis dahin bleibt Weihnachten für mich ein gefühlsmäßig zweigeteiltes Fest.