Hört auf zu nerven! Ja, es nervt gewaltig, wenn hier alle 2 Tage das Telefon klingelt und als Begrüßung ein: „Ich wollte mal hören, wie es meinem Enkel geht“, durch die Leitung hallt. Es geht ihm gut! Uns übrigens auch. Ja, er schläft gut. Manchmal zwickt der Bauch, weil er nicht richtig Bäuerchen macht, aber unser Sohn ist nicht krank und leidet auch nicht an irgendwas. Er wird es überleben, wenn der Pups mal etwas drückt und zwickt, da darf auch mal geweint werden. Es ist fucking normal! Oder habt ihr alle vergessen, wie es bei euch war, als euer Kind auf der Welt war? Wahrscheinlich. Wahrscheinlich ist das elterliche Denken plötzlich verschwunden und als Großeltern tickt man komplett anders …
Gott sei Dank haben meine Eltern keinen Internetanschluss und auch keine Smartphones mit Whatsapp. Wahrscheinlich würden sie nach zwei Tagen ohne Foto fragen, ob mit dem Kind alles in Ordnung ist. Auch ohne kann es ziemlich nervig sein.
Wer oder was gibt meinen Eltern das Recht, mich wieder in Gefühlslagen zu bringen, die mich klein machen? Warum lösen sie diese Gefühle aus? Merken sie nicht, was in all den Jahren passiert ist und was sie jetzt mit uns machen? IHR Enkelkind? Sie haben so viel kaputt gemacht! Sie werden NICHTS gutmachen können. Nicht bei mir, nicht über meinen Sohn und auch nicht über permanente Anrufe! Es war MEINE entgegenkommende Entscheidung, sie überhaupt teilhaben zu lassen. Bis zuletzt haben sie beide den falschen Stolz gezeigt. „Natürlich kannst du dir deine Geburtsturkunde abholen.“ Dass es eine nicht beglaubigte Kopie ist, das haben sie nicht gesagt. Und dafür setze ich mich da wieder ne Stunde hin. Dass sie mir das Original nicht geben wollen, das haben sie am Telefon sehr vehement klargestellt. „Dann musst du eben sehen, wie du das machst. Das Original bleibt im Stammbuch.“ Bäm. Der nächste Schlag ins Gesicht. Was ändert denn unser Sohn, dass wie aus dem Nichts dieses Interesse da ist – an ihm? Wer bin ich dabei? Wir haben uns getroffen, im Garten, da wo ich aufgewachsen bin. Natürlich war es „in Ordnung“.
Komischerweise sind meine Eltern sogar bereit, Wege auf sich zu nehmen – um das Enkelkind zu sehen. Wir spielen dabei nur die untergeordnete Rolle. Donnerstag sind wir morgens mit Wehen ins Krankenhaus. Am frühen Abend habe ich sie informiert, dass ich mich dann melde, wenn er da ist. ICH MELDE MICH! Nur nicht nachts, ich will keinen wecken – dann erst am nächsten Morgen. Um 8.00 Uhr ist unser Käfer geschlüpft. Um 8.40 Uhr bin ich aus dem Kreißsaal, um all die Menschen zu informieren. Da klingelt schon das Telefon mit unbekannter Nummer. Natürlich hat genau das schon den ersten Frust in mir ausgelöst – es war Omma, aber immerhin, ich hatte gesagt, dass ich mich melde. Also habe ich versucht, danach meine Eltern zu erreichen. „Hallo, er ist da, alles soweit gut gegangen, hat aber bis heut morgen 8 Uhr gedauert.“ „Ja, wissen wir. Wir waren eben schon im Krankenhaus und wollten mal gucken. Du hast dich ja nicht gemeldet. Auf eurer Station haben sie uns nur gesagt, dass ihr noch im Kreißsaal seid, mehr durften sie nicht sagen. Wir wussten ja auch den Nachnamen von M. nicht.“ Bitte? BITTE? Nach über 3 Jahren bekommen sie es nicht auf den Schirm, den Nachnamen meiner Herzfrau zu wissen? Und dann kommen sie dummdreist, ungefragt und uninformiert ins Krankenhaus und meinen, das Recht zu haben, uns zu besuchen und zu gucken? Wobei? Uns? Ihren Enkel! Dieses geheuchelte Interesse geht mir dermaßen auf den Sack! Es widerspricht sich.
Sicher sind es einfach meine Gefühle. Es lebt all das wieder auf, was ich vorher verarbeiten musste. Die fehlende Aufmerksamkeit, keine Unterstützung, die emotionale Erpressung, alles. Einfach alles ist wieder präsent. Nein, ich möchte meine Gefühle für das Vergangene nicht wieder haben – ich bekomme aber jetzt den Spiegel vorgehalten, weil nur ich gelernt habe, mit all dem umzugehen und mich nicht mit verschlossenen Augen hinsetze und die Verantwortung an das „Opfer“ weitergebe. Es macht mich nicht nur traurig, nein, ich bin an vielen Ecken einfach wütend. Wütend auf Großeltern, die ihre Kinder wegen der Enkel hinten anstellen. Ich möchte nicht weiter ignoriert werden. Ich möchte als Familie gesehen werden. Es gibt eine Grenze, die dabei überschritten wird. Und damit schadet ihr dem kompletten Wohlbefinden eurer eigenen Kinder, die frustriert zuschauen, wie ihr euch (fast) nur noch für das Enkelkind interessiert. Großeltern haben keine anderen Rechte, als die Eltern selbst!
Fangt einfach an, euer eigenes Kind so zu lieben, wie ihr es (vermeintlich) mit eurem Enkelkind machen wollt. Hebelt nicht die Wünsche aus und versucht wieder eine „Elternrolle“ zu haben und eurem Kind zu sagen, welche Rechte ihr habt. Das hat früher geklappt, aber jetzt nicht mehr. Kinder werden zwar immer die Kinder ihrer Eltern bleiben, aber die Kompetenzen verändern sich. Ihr habt am Ende nicht mehr die Macht über ein heranwachsendes Kind, sondern seid auf Augenhöhe mit einem Menschen, den ihr erziehen und begleiten durftet. Seht das und respektiert das! Der Weg zu eurem Enkelkind führt immer über euer eigenes Kind – das nun erwachsen ist und auch so gesehen werden möchte. Ihr könnt nichts besser machen, ihr könnt nichts anders machen – solange euer Fokus ganz woanders ist. Ihr werdet nicht verstehen, warum ich – und auch Kinder anderer Eltern – verletzt sind und das nicht sagen. Respektiert einfach, dass euer Kind jetzt eine eigene Familie hat, Zeit ein kostbares Gut ist und ihr trotzdem nichts verpassen werdet. Seid interessiert für alle Teile dieser kleinen Familie, die sich selbst noch finden möchte und in den ersten Wochen auch etwas Ruhe dafür braucht.
… und ich hadere mit mir, wo und wie ich die Grenzen für mich so stecke, dass weder ich noch meine Herzfrau und das Kind frustriert sein müssen. Eines wird am Ende aber klar bleiben: Ich lasse mich nie wieder in eine Ecke stellen, in der ich 30 Jahre gestanden habe.
5 Kommentare
Ich habe es viele Jahre zugelassen. Irgendwann konnte ich mit der Ablehnung meiner Mutter nicht mehr leben und sie hat ab der Zeit noch nicht einmal mehr Interesse für Ihren Enkel gezeigt.
Wie du schon sagst. Der Kontakt geht immer nur über die eigenen Kinder.
Meine Mutter verzichtet auf uns alle.
Es ist zwar nicht sehr leicht für mich, aber im großen und ganzen lässt es sich eigentlich ganz gut damit leben, als für sie zu funktionieren.
Meine Eltern sind fast, bzw. über 80 Jahre alt, ich bin inzwischen selbst 3fach Oma und es ist wie es immer war.
Wenn ich mich nicht melde, tun sie es auch nicht. An meinen Geburtstagen finde ich oft auf meinen AB ein Gespräch meiner Eltern im Hintergrund, wo sie sich darüber unterhalten, dass ich niiiiieeee zuhause bin.
Warum sprechen sie ihre Glückwünsche nicht einfach auf meinen AB, wenn sie es schon nicht schaffen außerhalb meiner Arbeitszeit anzurufen?
Meinen Kindern wurde jeweils an ihren 18. Geburtstag von den Großeltern gesagt, dass es nach diesem Datum keine Geschenke mehr gibt und die Urenkel werden ignoriert, seit nunmehr 9 Jahren.
Nicht einmal auch nur der Versuch einer Kontaktaufnahme zu meinen Töchtern, seit diese den 18. Geb. überschritten haben.
Andererseits wird sich bei mir beschwert, dass sie Ihre Urenkel gar nicht kennen und sich die Enkel nicht melden.
Ich hatte selbst einmal 14 und ein anderes Mal 11 Jahre keinerlei Kontakt zu meinen Eltern, also fast die Hälfte meines bisherigen Lebens und jetzt ertrage ich diesen nur telefonisch in großen Abständen.
Meine gesundheitlichen Probleme wurden und werden damit abgetan, ich sei ja noch jung. Die Wahrheit darüber traue ich mich nicht anzusprechen, immer noch nicht….
Oh Mann, ich kann das wirklich sehr gut nachvollziehen.
Okay, meine Mum interessiert sich für mich. Und ich bin mir sicher, dass sich das durch Enkel nicht sonderlich ändern wird.
Mich persönlich nervt aber genau dieses Interesse. Sie ruft ständig an und will an meinem Leben teilnehmen, fragt, wie es mir geht oder obs sonst was neues gibt. Und ich denke jedesmal „nein, seit vorgestern ist nichts wichtiges passiert, sonst hätte ich mich schon selbst gemeldet“.
Aber dieses genervt sein, sobald das Telefon klingelt (ich weiß IMMER, wann sie es ist) und die Rückblende in die Kindheit, sind oft nicht leicht zu ertragen.
Ich wurde nie geliebt, jetzt tut sie es um so mehr und ich ertrage es nicht. Ich kann nicht damit umgehen, weil ich es nie gelernt habe.
Aber ich habe vor drei Jahren oder so einen langen Brief an meine Mutter geschrieben, wie das damals alles für mich war, welche Gefühle und Bedürfnisse ich hatte und was das heute aus mir macht bzw in welchen Situationen es mich beeinflusst.
Und dann hab ich ihr genau beschrieben, was sie von mir erwarten kann und was nicht.
Sie ist inzwischen etwas zurückhaltender geworden und erstickt mich nicht mehr so sehr mit ihrer verspäteten Liebe. Trotzdem laufen unsere Telefonate oft gleich ab. Sie erzählt ne halbe Stunde von sich und fragt dann, was es bei mir so gibt und ich sag „Nix besonderes“… Und dann verabschieden wir uns bald…
Vielleicht kannst du deinen Eltern mal sagen, wie du dich jetzt fühlst? Aber ich meine mich zu erinnern, dass deine Eltern das eh nicht sonderlich ernst nehmen..
Ich musste beim Lesen ständig an meine Freundin denken. Vor 4 Jahren hab sie eine Tochter geboren und sie war die Überglucke schlechthin. Nicht falsch verstehen, sie war und ist ne tolle Mutter und die Kleine ist zum Auffressen.
Aber es ist schwer, zB als wir mal einen kleinen Auffahrunfall hatten (nix schlimmes, nur Blechschaden), kam gleich nach dem Stillstand die panische Frage nach dem Kind und gleich wurde geschaut, ob es auch ja keinen Kratzer hat. „Äh, ja, danke der Nachfrage. Mir gehts übrigens auch gut.“
Oder als wir einen Spaziergang im Wald zu ner Burgruine gemacht hatten und es immer windiger wurde. „Gehen wir lieber, bevor ein Ast mein Kind trifft“. Versteh ich ja alles. Aber ich konnte mich trotzdem nicht zurück halten und ihr entgegnen „Ja, besser, der Ast trifft dann nur die Erwachsenen. Hauptsache, die Kleine kriegt nichts ab. Sie ist dann halt allein im Wald, aber immerhin hat sie keinen Kratzer“..
Da kenn ich nix..
Ich glaube, deine Eltern sehen jetzt irgendwie eine Chance, nachträglich eine „normale“ Beziehung zu ihren Nachkommen aufzubauen. Wenns mit den Kindern halt nicht geklappt hat, versucht man es mit den Enkeln…
Du solltest auf jeden Fall für dich überlegen, wo die Grenzen liegen und deine Eltern darüber informieren und zur Not auch mit „Konsequenzen“ drohen.. zB dass ihr euch eine neue Nummer zulegt, wenn sie nicht aufhören, jeden zweiten Tag anzurufen etc…
Ich wünsch dir/euch alles Gute und hoffe, du kannst das so regeln, dass du gut damit leben kannst..
@anika
[ Aber es ist schwer, zB als wir mal einen kleinen Auffahrunfall hatten (nix schlimmes, nur Blechschaden), kam gleich nach dem Stillstand die panische Frage nach dem Kind und gleich wurde geschaut, ob es auch ja keinen Kratzer hat. „Äh, ja, danke der Nachfrage. Mir gehts übrigens auch gut.“]
Natürlich schaut eine Mutter zuallererst nach ihrem Kind. Werde Mutter, dann verstehst du das und hörst auf, dich in einer solchen Situation zu wichtig zu nehmen.
Lieber Herr Verbockt,
das sind Dinge, die wachsen und sich verändern. Je mehr Zeit du mit deinem Kind verbracht hast, je mehr Erfahrungen du gesammelt hast, umso mehr Selbstvertrauen wirst du bekommen. Es wird überleben, gedeihen, es wird ein toller Mensch werden. Ihr macht das mit Liebe, wie sollte das schiefgehen?
Nach und nach wirst du unabhängiger werden von deinen Eltern, und du wirst merken, dass sie überhaupt nicht schaffen können, zwischen dir und deinem Kind zu stehen. Sie nehmen dir nichts weg. Dein Kind wird dir immer näher stehen als ihnen. Die Liebe von Kindern zu den Eltern ist erst einmal da, und erst, wenn die Eltern diese Liebe ablehnen, kann sich das ändern. So wie im Fall zwischen dir und deinen Eltern.
Deine Eltern haben sicher einiges falsch gemacht. Es wird aber für dich mehr und mehr verblassen und einfach unwichtig werden. Vertrau darauf.
Dass sie dir die Urkunde nicht geben, ist a) ein schlechter Witz und b) auch eine Frage dieser Generation (meine Mutter hat das auch nur mit Widerwillen getan). Ihr werdet die Urkunde aber noch öfter brauchen, insofern sollen sie sie lieber gleich hergeben. Was würde schon groß passieren, wenn du sie verlierst (das wird wohl ihre Sorge sein …)? Du müsstest dir halt auf dem alten Standesamt eine neue besorgen. Naja, und eigentlich gehört sie dir. Die Unterlagen deiner Kinder wandern auch nicht ins Stammbuch deiner Eltern. Also, kauft euch ein eigenes Stammbuch und dann mal an seinen Platz mit dem Dokument.
Alles Gute!
(Du bist über Dreißig. Zeit, mit dem Kampf aufzuhören.)